Taime Kuttig ist einer der erfolgreichsten Blindenfußballer der Republik. Als Event-Inklusionsmanager in der DFB-Stiftung Sepp Herberger will er dazu beitragen, Sportlern mit Handicap künftig noch größere Anerkennung und Möglichkeiten zu verschaffen. Fest im Blick hat Kuttig dabei auch die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland. Seine Worte lassen keinen Spielraum. „Sport für Menschen mit Handicap gehört voll in den Fokus“, sagt Taime Kuttig. Mit Fokus meint er die Mitte der Gesellschaft, den Puls der Zeit, die große Bühne, Beachtung und Respekt. Um diesem Ziel Schritt für Schritt näher zu kommen, kämpft er nun gewissermaßen an zwei Fronten. Der 29-Jährige beeindruckt und begeistert seine Beobachter als einer der besten Blindenfußballer der Republik. Wenn er mit seinem Team Blista Marburg oder der Blindenfußball-Nationalmannschaft aufläuft, bröckeln Vorurteile in Windeseile. Sie werden ersetzt von Faszination und Anerkennung für diesen packenden Sport und seine Protagonisten. Außerdem trägt der gebürtige Oldenburger seit dem 1. September als Event-Inklusionsmanager im Team der DFB-Stiftung Sepp Herberger dazu bei, die Weichen für eine gesellschaftliche Entwicklung zu stellen, um Menschen mit Handicap die gleichen Chancen zu eröffnen wie allen anderen auch. Kuttigs Stelle ist Teil des vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gestarteten „EVI-Projekts“, das aus den Mitteln des Ausgleichsfonds des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert wird. Es eröffnet Menschen mit Behinderungen mehr Chancen im Arbeitsmarkt Sport und sorgt für mehr Barrierefreiheit und Inklusion im Sport. Welche Hürden im Alltag noch zu überwinden sind, weiß Kuttig nur allzu gut. Von Geburt an konnte er sich weniger als andere auf seine Augen verlassen. Eine allmähliche Netzhautablösung ließ die Sehkraft weiter schwinden. Kuttig erfuhr, wie viele Barrieren Menschen mit Behinderung Tag für Tag überwinden müssen. Im Straßenverkehr, in der Schule, bei Hobbys und nicht selten auch in den Köpfen der Mitmenschen. „Ich weiß auf jeden Fall, wie man sich durchkämpfen muss“, beschreibt er. Mit 19 im Nationalteam debütiert Mit zwölf Jahren zog Kuttig von Stuttgart, wo er bis dahin groß geworden war, nach Marburg, in die Deutsche Blindenstudienanstalt – kurz Blista. „Dort habe ich im Internat gelebt und 2013 mein Abitur gemacht“, erzählt Kuttig. Marburg wurde sein Zuhause und das dortige Blindenfußballteam schließlich seine sportliche Heimat. „2006 kam der Blindenfußball nach Deutschland. Bei uns ging es mit einer AG los“, erinnert er sich. Die bescheidenen Anfänge waren bald Geschichte. Blista Marburg wurde zu einem der Aushängeschilder des Blindenfußballs und Kuttig, der sich beim Gewinn des ersten Deutschen Meistertitels noch mit Daumendrücken begnügen musste, avancierte wenige Jahre später zur tragenden Kraft im Team. Inzwischen hat er gleich viermal den Titel in der Blindenfußball-Bundesliga gewonnen, und auch in der Nationalmannschaft, wo er als 19-Jähriger debütierte, zählt er längst zu den etablierten Akteuren. Der Sport habe ihn immer fasziniert, ihm viel gegeben, betont der junge Mann. „Nun möchte ich für alle Menschen mit Handicap im und mit dem Fußball Türen öffnen“, macht er klar. Eine erste Aufgabe hat er dabei gemeistert. Die Premiere der von der DFB-Stiftung Sepp Herberger ausgerichteten Inklusionstage Anfang September in Trier wurde auch für ihn zur Premiere. Der neue Job als Event-Inklusionsmanager der DFB-Stiftung gefällt ihm. „Das hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Und es war gut, die Strahlkraft und Vielfalt des Handicap-Fußballs einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und auf einen Punkt zu bündeln“, sagt der Marburger, der nach seinem Bachelor-Abschluss in BWL erst wenige Wochen zuvor seinen Master in Sportmanagement an der Deutschen Sporthochschule Köln absolviert hatte. Kuttig wirbelte in der Organisation, knüpfte erste Kontakte, denn dafür bot die Veranstaltung reichlich Gelegenheit. Schließlich war das Spektrum mit Fußballturnieren für Inklusionsmannschaften und Teams der Werkstätten für behinderte Menschen, einem inklusiven Walking-Football-Turnier und Partien der Amputierten-Fußball-Bundesliga und Blindenfußball-Bundesliga äußerst groß. Fußball-Inklusionstage im Schatten des Kölner Doms Aus dieser vielversprechenden Premiere wird nun mehr: Bis einschließlich zum EM-Jahr 2024 finden die Fußball-Inklusionstage am Kölner Roncalli-Platz, im Schatten des Doms, jährlich eine Fortsetzung. Hinzu kommen flankierende Events in anderen Städten, die als Gastgeber der Europameisterschaft 2024 fungieren. „Meine Aufgabe ist es, dieses Projekt mit Leben zu füllen“, erklärt Kuttig. Vor allem aber gelte es, die großen Events zu Multiplikatoren zu machen. „Wir wollen nachhaltig etwas bewirken, weitere Vereine und Menschen dazu bewegen, die geschaffenen Strukturen zu nutzen und Angebote für Sportler mit Handicap zu schaffen“, so Kuttig. Dabei hat Kuttig auch die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland fest im Blick. Zu seinen Aufgaben zählt es, das Team der Euro 2024 GmbH in Bezug auf Barrierefreiheit und Teilhabe zu unterstützen. „Die Europameisterschaft in Deutschland soll gerade auch für Menschen mit Behinderung ein besonderes Event werden. Dabei haben wir das Thema Barrierefreiheit ebenso im Blick, wie das aktive Teilhaben in den bundesdeutschen Fußballvereinen“, erklärt Eventmanager Kuttig. All diesen Ambitionen wird Kuttig sich künftig stellen, denn sie entsprechen seinem Ziel, den Sport von Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Kontakt: