Die gemeinsamen Staffeln von Special Olympics und FINA beim Weltcup in Berlin – ein wichtiges Zeichen für Inklusion und Gleichberechtigung. Mit am Start: Sarah und Florian Wellbrock. Kaum aus dem Becken geklettert, ist den Schwimmstars die schiere Freude über ihre Teilnahme anzusehen. Jubel, High Five, Umarmungen: Sportler*innen unter sich. Mit den Athlet*innen von Special Olympics wird geherzt und gescherzt. Noch in Badekleidung berichten Sarah und Florian Wellbrock daraufhin im Interview über das Überwinden von Barrieren, von ihren ersten Erfahrungen mit Special Olympics, und davon, was sie sich von den Athlet*innen abschauen können. Der Weltcup in der Sportmetropole Berlin. Bekanntes Terrain. Was verbinden Sie mit der Stadt? Sarah Wellbrock: Wir haben schon ganz viele Wettkämpfe hier gemacht. Für mich ist es vor allem immer wieder besonders, hier zu schwimmen, weil ich meinen Weltrekord (über 1500m Freistil in 15:18,01 Minuten, Anmerkung d. Red.) vor drei Jahren hier geschwommen bin. Und auch schon in den Juniorenbereichen habe ich hier ganz viele Erfolge gefeiert. Das ist eines der schnellsten Becken in Europa, und die Atmosphäre ist immer super. Im kommenden Jahr finden hier in Berlin die Special Olympics World Games statt, das größte inklusive Sportevent weltweit. Die Schwimmwettbewerbe finden im gleichen Becken der Schwimm- und Sprunghalle statt. Gab es in der Vergangenheit schon mal Anknüpfungspunkte an Special Olympics? Florian Wellbrock: Tatsächlich war das heute nicht meine erste Staffel mit Special Olympics. Während der Schulzeit, die vierte oder fünfte Klasse müsste das gewesen sein, habe ich an einem Leichtathletik-Wettbewerb mit Special Olympics Athlet*innen teilgenommen. Wie war das? Florian Wellbrock: Das war damals schon eine coole Veranstaltung mit einer schönen Atmosphäre. Wir sind 10x50 Meter gelaufen. Immer abwechselnd, Schüler und Special Olympics Athlet, und ich finde das immer befreiend, weil jeder so willkommen ist, wie er oder sie ist. Welche Erfahrungen konnten Sie heute aus dieser "Unified-Staffel" mit den Special Olympics Athlet*innen mitnehmen? Florian Wellbrock: Ich kann in diesen Begegnungen immer total gut loslassen. Eigentlich bin ich eher, sagen wir, spießig, und versuche den Erwartungen meines Gegenüber perfekt zu entsprechen. Mit den Special Olympics Sportlern kann ich mich davon frei machen. Es ist vollkommen egal, ob ich nicht perfekt bin. Ich werde akzeptiert, so wie ich bin, egal was ich für Macken und Fehler mitbringe. Und das akzeptiere ich genauso. Dieses Geben und Nehmen ist total wertvoll. Sarah Wellbrock: Mich beeindruckt es, wie Menschen mit Beeinträchtigung offenbar viel leichter durch das Leben gehen. Wir machen uns immer so viele Gedanken, über Dinge, die eigentlich nebensächlich sind, für die wir keine Energie verschwenden sollten. Die Athlet*innen etwa, mit denen wir jetzt gerade gestartet sind, die strahlen so eine Lebensfreude aus. Davon können wir uns so viel abschauen. Wir müssen uns nicht über so viele Kleinigkeiten aufregen. Das finde ich sehr beeindruckend, wie die durch das Leben gehen, hier zu der Staffel antreten, sich dem stellen, obwohl sie alle super nervös vor dem Start waren. Gab es die Gelegenheit, den Athlet*innen Tipps zu geben zur Vorbereitung auf das Rennen? Florian Wellbrock: Dafür hat die Zeit nicht gereicht. Wir haben uns kurz vorgestellt, miteinander gesprochen, und merkten gleich, dass die Athleten sehr aufgeregt waren, aber auch sehr interessiert. Sie wollten vieles wissen, etwa wo wir herkommen, und ich war in der Staffel mit Hali Flickinger aus den USA, also musste ich sofort ein wenig dolmetschen, weil die Sprachbarriere da war. Der Sport ist für Special Olympics ein Vehikel. Die Bewegung nutzt die Kraft des Sports, um Barrieren zu überwinden und Begegnungen zu schaffen, um die Gesellschaft inklusiver zu machen. Wie haben Sie selbst schon erlebt, dass der Sport die Kraft hat, Barrieren zu überwinden? Florian Wellbrock: Klar, das war gerade wieder so ein Moment: Wir haben Sprachbarrieren überwunden. Durch den Sport habe ich Freunde und Kollegen aus allen Teilen der Welt kennengelernt. Menschen, die ich ohne den Sport nie getroffen hätte. Alle teilen die gleichen Werte, alle teilen die Leidenschaft für den Schwimmsport. Deswegen sind wir uns schnell sympathisch, vollkommen egal wie gut wir uns sprachlich verständigen können. Man probiert einfach, miteinander zu kommunizieren. Sarah Wellbrock: Sport und Schwimmen verbinden – das hat das Erlebnis mit Special Olympics wieder gezeigt. Wir sind eine Schwimmerfamilie. Und ich glaube aktuell, in der gesellschaftlichen Lage, in der wir uns befinden, zeigt das noch einmal mehr, welche Kraft der Sport hat. Bei uns in der Trainingsgruppe schwimmt zum Beispiel ein Schwimmer aus der Ukraine mit, der vor dem Krieg aus seinem Land flüchten musste. Gerade diese Situation zeigt, dass wir im Sport, und speziell im Schwimmen, eine große Familie sind. Man versucht sich gegenseitig zu helfen, insbesondere wenn jemand in Not ist, um diese ganz extreme Situation zu nennen. Alle ziehen in die gleiche Richtung, alle wollen etwas erreichen – ein starkes Gefühl. Für die Weltspiele 2023 werden bis zu 20.000 Volunteers gesucht. Sie sind der Garant für das Gelingen dieses riesigen Sportevents. Haben Sie sich schon einmal freiwillig, ehrenamtlich engagiert? Florian Wellbrock: Tatsächlich noch nicht. Es fehlt uns dafür einfach auch die Zeit. Wir sind beide sehr viel unterwegs. Wir wissen das Engagement der Volunteers aber enorm zu schätzen. Zum Glück engagieren sich viele Menschen gerne ehrenamtlich. Im Sport, ganz egal ob bei Special Olympics, den Olympischen Spielen, Deutsche Meisterschaften – nichts funktioniert ohne das Ehrenamt. Und für die Unterstützung durch die vielen Volunteers sind wir sehr dankbar. Philipp Laberenz media@berlin2023.org